Kapitel 28 - Rins Entschluss


 

 

Donnerstag, 07.Mai 2015

 

 

 

Noch einmal atmete Rin tief durch, bevor sie den Personalraum des Suzuki Anwesens verließ. Trotz all der aufmunternden Worte und Hilfe ging es dem Mädchen nicht sonderlich besser. Dass sie in den Springbrunnen gefallen war und Kuros Wut zu spüren bekam, setzte ihr mehr zu als gedacht. Wartend stand sie nun wie vereinbart in der Eingangshalle und hoffte, dass Akira bald erscheinen würde. Die Gäste waren mittlerweile alle im Speisesaal versammelt, in welchem der Suzuki-Erbe soeben seine Begrüßungsansprache hielt, als die Blauhaarige plötzlich von hinten an der Schulter angetippt wurde. Schnell drehte sie sich um, in der Erwartung ihren Kumpel anzutreffen. Allerdings sah sie in ein verärgertes grünes Augenpaar, welches einer jungen Dame gehörte. Sie schien kaum älter als Rin selbst zu sein. Ihre Lockenpracht war dunkelviolett mit weiß auslaufenden Spitzen und mit einer hellgrünen Schleife zurückgebunden. Einzig zwei dickere Strähnen hingen ihr an den Seiten herunter. Um ihren Hals trug sie eine Kette mit einem Diamanten in Sternenform. Komischerweise sah er dem von Momiji zum Verwechseln ähnlich. Außerdem hatte sie ein schulterfreies hübsches weißes Kleid mit grünen und schwarzen Akzenten angezogen. Passend dazu trug sie weiße Söckchen und elegante schwarze Schuhe.

 

„Was fällt dir eigentlich ein meinen Verlobten so zu demütigen?!“, stemmte die Violetthaarige die Hände in die Hüfte und sah Rin wütend an.

 

In ihrem Blick lag dabei ein Hauch Arroganz, welcher die Angeschnauzte ziemlich nervte. Warum nur hielten sich die Leute mit zu viel Geld immer für etwas Besseres? Das würde sie wohl nie verstehen.

 

„Hör mal, ich kenne deinen Verlobten doch gar nicht!“, ließ sich das Mädchen nichts gefallen, „Wer bist du überhaupt, dass du dich so aufspielst?! Nur weil deine Eltern vielleicht ein bisschen Kohle haben, bist du nicht besser als andere!“ „Du bist also nicht nur ein ungehobelter Trampel, sondern auch noch dumm?!“, trug die Violetthaarige die Nase ziemlich weit oben, „Ich bin Kyara Mizuno! Merk dir das lieber und erweise mir deinen Respekt! Sonst lasse ich dich feuern, sollte es Ayu nicht schon längst getan haben!“

 

Statt der blöden Schnepfe zu widersprechen war Rin damit beschäftigt zu verstehen was sie von sich gab. Sie wusste es war nichts Nettes, kapierte aber den Zusammenhang nicht.

 

Noch während die Blauhaarige darüber nachdachte, kam endlich Akira hinzu.

 

„Ah, äh, hallo Mizuno-san“, grinste er Kyara schief an und versuchte so nett wie möglich zu sein, „Entschuldige uns bitte. Wir müssen dringend los.“

 

Eine Antwort darauf blieb aus, denn der Rothaarige ergriff ziemlich eilig das Handgelenk seiner Begleitung und machte sich aus dem Staub. Kaum um die nächste Ecke abgebogen hatte Rin einige Fragen: „Kennst du diese Zicke etwa?! Die nimmt sich echt ganz schon viel raus finde ich.“ Der junge Mann normalisierte seinen Schritt daraufhin wieder und ließ das Handgelenk der Blauhaarigen los: „Ich kann sie auch nicht ausstehen, glaub mir. Sie benimmt sich wie eine Prinzessin und glaubt sie könnte alles haben, weil sie Kuros Verlobte ist. Außerdem besitzen die Mizunos mehr oder minder einen ganzen Stadtteil. Nur logisch, dass sie so abgehoben ist. Mit mir hat sie auch ein Problem, also mach dir nichts draus.“ „Verlobte?!“, schien das alles gewesen zu sein was bei der Oberschülerin hängengeblieben war. „Ja, mir wäre das auch viel zu jung, um verlobt zu sein. Aber es ist ja nicht unsere Angelegenheit“, winkte Akira grinsend ab.

 

Die Stipendiatin wusste nicht recht was sie zu diesem Thema noch sagen sollte. Im Grunde sah sie es wie ihr Begleiter, trotzdem interessierte sie das Ganze brennend. Oft hatte sie davon in Mangas gelesen, dass bei den Wohlhabenden die Kinder aus wirtschaftlichen Gründen einfach miteinander Verheiratet wurden. Egal ob sie wollten oder nicht. Meistens war es so, dass einer der beiden dagegen war und dann mit jemand ärmlichen durchbrannte, um seinen Willen durchzusetzen. Aber das Mädchen wusste nur zu gut, dass diese Geschichten in der Realität nie zutrafen. Außerdem wirkte Kyara nicht so, als sei sie abgeneigt gegen eine Hochzeit. Jedoch interessierte die Blauhaarige wie Kuro wohl darüber dachte. Sie fand es absolut unmöglich jemand so arrogantes nett zu finden. Wobei der Schwarzhaarige in ihren Augen auch nicht unbedingt einen besseren Charakter hatte. Also passten sie eigentlich ganz gut zusammen.

 

Ein lauter Seufzer entwich ihr und sie versuchte auf andere Gedanken zu kommen: „Wohin gehen wir eigentlich? Hast du etwas Bestimmtes vor?“ Freudig lächelte Akira: „Ich dachte mir, dass wir erstmal etwas Essen gehen. Und dann können wir ja mal schauen.“ „Klingt gut“, nickte das Mädchen zustimmend.

 

Obwohl sie erst vorhin etwas zu essen bekommen hatte, war sie ebenfalls wieder hungrig und fand den Vorschlag gut. Allerdings bedeutete das auch, dass sie die ganze Zeit mit ihm reden musste. Sie hoffte inständig, dass er nicht wieder ein unangenehmes Thema ansprechen würde und sie wenigstens heute Abend ihren Kopf freimachen konnte. Der ganze Tag war viel zu stressig gewesen und das Desaster mit dem Springbrunnen zehrte immer noch an ihren Nerven.

 

 

 

Freudig nahm Rin einen Bissen ihres Okonomiyakis, doch im gleichen Moment stellte sie fest, dass es viel zu heiß war. Panisch zog sie den Atem nach innen und versuchte sich kalte Luft zuzufächeln. Natürlich brachte es nicht viel.

 

Ihr Begleiter musste daraufhin lachen: „Iss langsam, das ist heiß.“ „Das hab ich dann auch gemerkt“, nahm sie einen großen Schluck ihres kalten Getränkes, nachdem sie das Stückchen heruntergeschlungen hatte.

 

Ihr Kopf war durch die Hitze des Essens leicht rot geworden und auch ein paar Schweißperlen hatten sich gebildet. Das war natürlich mal wieder eine ziemlich peinliche Situation in die sich die Oberschülerin katapultiert hatte. Gott sei Dank konnte ihr Begleiter darüber lachen. Kuro hätte sie ganz sicher nur wieder ausgeschimpft und als unfähig bezeichnet.

 

„Mir ist übrigens die Sache mit Miuna-chan zu Ohren gekommen“, wechselte Akira das Thema, „Es kursieren ganz eigenartige Gerüchte, dass sie niedergeschlagen wurde oder so. Weißt du was da passiert ist?“ „Ich habe sie aber nicht k.o. geschlagen! Sie ist einfach vom Stuhl gefallen und hat sich nicht mehr bewegt“, stammelte Rin fast schon hysterisch. Ihr Gegenüber schaute nur verdutzt drein: „Wer sagt denn, dass du es warst?“ „Äh… oh“, stotterte die Blauhaarige nur.

 

Er hatte tatsächlich nichts dergleichen erwähnt. Obwohl ja kein anderer in Frage gekommen wäre, denn sie war als einzige zur Zeit des Geschehens in Ruris Nähe gewesen. Aber die Anschuldigungen ihrer Mitschülerinnen machten ihr wohl noch zu schaffen. Zumal sie wusste, dass sie nicht unbedingt die Beliebteste war und es dann zu allem Übel auch noch die Schülersprecherin getroffen hatte.

 

„Weißt du mehr über den Vorfall? Ich finde das hat Ähnlichkeiten mit der Sache von Shiori-chan“, stellte der Rotschopf fest. „Na ja, lange Geschichte kurz: Wir haben zu zweit gelernt, als sie vom Stuhl fiel und nicht mehr aufwachte“, erklärte die Stipendiatin, „Vielleicht ist es nur eine Gehirnerschütterung oder dergleichen, aber ich habe ehrlichgesagt auch eine böse Vorahnung.“ „Wir müssen der Sache unbedingt nachgehen. Ich will keinen Tot verantworten, den wir hätten verhindern können“, war der junge Mann besorgt. Die Blauhaarige nickte: „Tatsächlich bin ich schon dabei. Ich stehe nur leider vor einem Problem, denn ich weiß nicht wo Ruri ist. Sie wurde in ein Krankenhaus ihres Heimatortes verlegt. Weißt du vielleicht wo sie herkommt?“ „Oh, ich wusste nicht mal, dass sie aus einer anderen Stadt kommt“, war Befragter sichtlich überrascht, „Aber das ist trotzdem kein Problem. Wir fragen einfach Kuro.“ Das Mädchen hob kritisch eine Augenbraue: „Wir? Nein danke. Ich werde Momiji mal fragen, ob sie was weiß. Immerhin haben die beiden ja öfter mal zusammengearbeitet.“ „Trotzdem werde ich nochmal bei unserem Miesepeter nachfragen. Je schneller wir eine Antwort haben, umso besser. Nur heute ist der denkbar ungünstigste Tag. An seinem Geburtstag ist er immer total gestresst und kann keine Ablenkung gebrauchen“, seufzte der Oberschüler. Sein Gegenüber allerdings fiel aus allen Wolken: „Was?! Geburtstag?! Der Anlass dieses unsinnigen Spektakels ist sein Geburtstag?!“

 

Rin brüllte so laut, dass sie die Blicke sämtlicher Leute in dem kleinen Restaurant auf sich zog. Der Rothaarige versuchte sie noch zu zügeln, aber ohne Erfolg. Es interessierte die Stipendiatin noch nicht einmal, dass sie jeder anstarrte, denn sie bohrte einfach weiter.

 

Dieses Mal aber in normaler Lautstärke: „Aber warum sagt mir das keiner? Das konnte ich ja nicht ahnen. Und warum veranstaltet er freiwillig so einen nervigen Unsinn?“ „Es wird eben von ihm erwartet und ist nicht zu ändern“, zuckte Akira gleichgültig mit den Schultern.

 

Dem Mädchen war es eigentlich auch egal. Im Moment war sie deshalb sogar ein wenig schadenfroh, dass er an seinem Geburtstag dazu gezwungen wurde sich abzurackern. So wie er sie behandelt hatte, konnte er gerne durch die Hölle gehen. Trotz allem war sie aber dennoch in Sorge darüber, ob er die Kündigung ernst meinte. Der Kerl war in mancher Hinsicht einfach unberechenbar und sie wollte auf keinen Fall ihr Stipendium verlieren. Jedoch brachte es nichts weiter zu grübeln, denn die Antwort konnte nur er ihr geben.

 

 

 

Noch eine Weile saßen die beiden Oberschüler im Restaurant und redeten über alles Mögliche. Der Rotschopf schaffte es, dass Rin für einen Moment all ihre Sorgen vergas und stimmte sie mit seiner heiteren Art ebenfalls fröhlich.

 

Schlussendlich entschieden sie sich noch etwas an die frische Luft zu gehen und spazierten durch die Nacht. Eine ganze Zeitlang schlenderten sie durch die Straßen, redeten und lachten, bis sie sich schließlich auf einer Parkbank eines menschenleeren Spielplatzes niederließen. Das Gelaufe hatte sie ermüdet und sie wollten ein wenig durchschnaufen.

 

„Oh wow sieh mal“, fläzte das Mädchen halb über der Bank, „Der Himmel ist sternenklar.“ Auch der junge Mann sah nun gen Himmel: „Das sieht total schön aus.“

 

Aufgeregt sprang die Blauhaarige von der Sitzgelegenheit und kletterte auf das benachbarte Klettergerüst. Es war ein würfelartiges Eisengestänge, welches ziemlich simpel zu erklimmen war. Als sie oben ankam, stellte sie sich aufrecht darauf, schaute zu den Sternen und streckte die Hände nach oben: „Sieh nur! Sie sind heute zum Greifen nah!“ Akira musste daraufhin schmunzeln: „Aber fall nicht herunter.“

 

Er mochte ihre unbeschwerte und teils kindliche Art und war sehr froh darüber, dass sie trotz des schlimmen Tages wieder fröhlich war. Ihr Kummer machte ihm nämlich große Sorgen.

 

Glücklich erhob er sich schließlich von der Bank und kletterte zu seiner Begleiterin hinauf. Allerdings setzte er sich, denn das Stehen war ihm zu wackelig und gefährlich.

 

„Komm setz dich auch, sonst tust du dir noch weh“, deutete er rechts neben sich. „Na gut“, gab die Aufgedrehte nach und ließ die Beine baumeln.

 

Kurzes Schweigen brach aus, in welchem Rin verträumt den Himmel betrachtete. Der Rothaarige hingegen starrte verkrampft gen Boden. Er schien nachdenklich und kämpfte mit seinen Gedanken.

 

„Hör mal, Rin-chan“, brach er die Stille in einer ernsten Tonlage.

 

Es lag auch ein wenig Sorge und Zurückhaltung in seiner Stimme, weswegen das Mädchen direkt mit ernster Miene zu ihm herübersah. Was würde jetzt bloß kommen? Gebannt wartete sie darauf, dass ihr Begleiter weitersprach. Die Pause, welche er machte war unerträglich für sie, denn sie ahnte bereits, dass er erneut eine Antwort auf sein Geständnis forderte. Inständig hoffte Rin, dass sie sich irrte. Ihr Körper begann leicht zu zittern und ihr Ausdruck war voller Sorger, während sie angestrengt überlegte, wie sie das Thema noch schnell wechseln konnte. Allerdings war ihr Kopf wie leergefegt und es schien kein Weg daran vorbeizuführen.

 

Endlich sprach der Rothaarige, mit dem Blick in die Ferne gerichtet, weiter: „Glaubst du, dass ich auch noch eine Persona bekomme?“ „Eh?“, völlig von der Rolle starrte die Oberschülerin ihn an.

 

Das hatte sie jetzt nicht erwartet. Eigentlich dachte sie felsenfest, dass er sie wieder zu einer Antwort drängt. Ob er es wohl abgehakt und als Korb verbucht hatte? Aber umso besser, denn sie wusste keine Antwort und das würde ihr die Entscheidung abnehmen. Obwohl sie dennoch ein wenig enttäuscht war. Aber warum?

 

„Du und auch Kuro habt beide direkt von Anfang an eine Persona bekommen. Shiori-chan scheint auch eine zu besitzen“, seufzte Akira schwer, „Was habt ihr, was ich nicht habe? Was muss ich tun, um endlich mitkämpfen zu können? Ich stehe euch nur im Weg und das, obwohl ich auch einen Edelstein habe.“

 

Er deutete auf den rechteckigen Topas, welcher um seinen Hals hing. Rin war mit der Situation ein wenig überfordert und wusste nicht wie sie ihn aufheitern sollte. Am Liebsten hätte sie ihn gefragt, ob er sich sicher war, dass es ein Elementar-Edelstein war. Allerdings wäre das wenig hilfreich gewesen, da er ja scheinbar der Ansicht war, es sei einer.

 

„Ich glaube zur richtigen Zeit wird deine Persona sich schon noch zeigen“, versuchte sie ihn aufzuheitern, „Du solltest dir nicht so viele Gedanken machen. Das führt ja doch zu nichts.“ „Na ja, du hast schon recht, aber es ist trotzdem nervig so ein hilfloser Klotz zu sein“, schien er sich langsam wieder zu fangen. Vorsichtig versuchte Rin ein wenig ihre Neugierde zu stillen: „Welches ist denn überhaupt dein Element?“ „Tja, wenn ich das wüsste“, lehnte sich der Rothaarige ein wenig zurück und stützte sich mit den Armen am Gerüst ab, „Es passiert selten, aber manchmal leuchtet er auf. Allerdings spüre ich keinerlei Wirkung oder Veränderung. Zumal es auch zu den unterschiedlichsten Momenten passiert. Einmal habe ich sogar geschlafen und wurde dann von dem grellen Leuchten wach.“ „Das ist wirklich eigenartig“, grübelte die Stipendiatin.

 

Jedes Mal, wenn ihr Saphir leuchtete, gab es eine Reaktion mit Wasser. Das war einfach zu definieren und sie musste nicht einmal groß darüber nachdenken oder forschen. Wobei sie eher damit beschäftigt war das Warum herauszufinden. Aber wenigstens verflüchtigte sich die Frage nach der Echtheit des Topases. Trotzdem konnte sich Rin keinen Reim darauf machen warum das Element ihres Kumpels nicht klar erkennbar war.

 

„Ein Element das man nicht erkennen kann“, grübelte die Blauhaarige, „Vielleicht ist es die Luft. Die kann man nicht sehen.“ „Aber die kann man spüren“, erklärte der junge Mann, „Und immer wieder auftretende Luftzüge kann ich nicht bestätigen.“

 

Schwer schnaubte das Mädchen, denn sie war absolut ratlos. Dafür nun aber umso neugieriger. Was war das bloß für eine geheimnisvolle Kraft, die der Rothaarige da besaß?

 

„Lassen wir es gut sein. So leicht ist dieses Rätsel nicht zu lösen“, winkte Akira ab und sprang mit einem Satz vom Klettergerüst. Dabei konnte die Stipendiatin für einen kurzen Augenblick erkennen, wie ein kleiner blauer Schmetterling emporflatterte und sich schließlich wieder auflöste. Der Social Link hatte scheinbar die dritte Stufe erreicht.

 

Der junge Mann nahm natürlich nichts von dem leuchtenden Wesen wahr und redete einfach weiter: „Außerdem ist es wirklich schon verdammt spät. Komm, ich bringe dich nach Hause.“ Die Blauhaarige tat es ihm gleich: „Ja wir sollten wirklich langsam nach Hause gehen, aber du brauchst mich nicht begleiten. Ich schaffe das auch allein.“ „So viel Zeit muss sein“, blieb er standhaft und grinste Rin an.

 

Diese gab sich geschlagen und sie setzen sich schließlich in Bewegung. Das auszudiskutieren war sowieso zwecklos. Abgesehen davon war die Oberschülerin auch ein wenig froh, dass ihr Begleiter anbot sie zum Wohnheim zurückzubringen, denn in letzter Zeit war es doch öfter mal etwas gefährlich für sie geworden. Mit dem Rothaarigen an ihrer Seite fühlte sie sich gleich viel sicherer.

 

 

 

Wenig später standen die beiden Oberschüler vor dem Haupteingang des Wohnheimes. Der Nachhauseweg fühlte sich für Rin so unfassbar schnell an, dass sie gar nicht glauben konnte schon angekommen zu sein. Die Zeit verging wie im Flug und am liebsten wäre sie noch einen riesigen Umweg gelaufen. Wenn sie daran dachte, dass sie nun wieder alleine war, wurde sie traurig.

 

„Da wären wir“, sah der Rothaarige lächelnd am Gebäude hinauf.

 

Seine Begleiterin jedoch schwieg und starrte gen Boden. Es war schwer zu deuten woran sie soeben dachte.

 

„Ist alles okay?“, bemerkte er ihr eigenartiges Verhalten, „Geh lieber schnell rein. Es ist ganz schön kalt geworden.“

 

Tatsächlich fröstelte es das Mädchen ein wenig, denn die Aprilnächte waren noch recht kühl. Trotzdem verharrte sie an Ort und Stelle und machte keine Anstalten zu gehen. Auch brachte sie noch immer kein Wort heraus und wich den Blicken des jungen Mannes aus.

 

Was war bloß los mit ihr? Bis eben war sie noch so vergnügt und energiegeladen.

 

„Habe ich etwas verkehrt gemacht? Ist irgendwas passiert?“, war der Rothaarige in Sorge.

 

Endlich kam eine Reaktion der Oberschülerin, welche vorsichtig den Kopf schüttelte und endlich wieder aufsah: „Nein, du hast nichts falschgemacht. Ich bin nur etwas traurig, dass der schöne Abend schon vorbei ist. Abgesehen davon ist in meinem Zimmer keiner der auf mich wartet.“ „Mach dir keine Sorgen wegen Skye. Ihr hattet nur einen kleinen Streit und vertragt euch schneller wieder als du glaubst“, tätschelte Akira den Kopf der Betrübten, „Aber davon mal abgesehen, freue ich mich, dass du heute Spaß hattest.“

 

Ein Lächeln glitt der Blauhaarigen über die Lippen, ehe sie das Thema wechselte: „Du, darf ich dir eine Frage stellen?“ Etwas irritiert über das was kommen würde, nickte der junge Mann: „Klar.“ „Hast du das ernst gemeint, was du damals zu mir sagtest?“, kam es nur sehr zögerlich aus dem Mädchen. Ihr Gegenüber schien nicht ganz zu verstehen: „Was genau meinst du?“ Wieder haderte sie ein wenig: „Dein… na ja, Geständnis.“

 

Mittlerweile war sie knallrot angelaufen und schaute zu Boden. Es war ihr verdammt peinlich dieses Thema anzusprechen. Akira sah man nun allerdings auch die Schamesröte an.

 

Nervös wanderte sein Blick umher: „W-wie kommst du jetzt bloß darauf?“ „Ich… A-also…“, druckste die Oberschülerin herum, „Ich schulde dir doch noch eine Antwort.“ „Hast du dich nun entschieden?“, war der Rotschopf überrascht. „Ja“, sah Rin endlich wieder auf und grinste ihren Gesprächspartner leicht gequält an. „Hm…“, trübte sich das Gesicht des jungen Mannes, „Eigentlich habe ich schon damit gerechnet, dass du mir einen Korb gibst. Deswegen habe ich dich damit auch in Ruhe gelassen. Ich wollte es einfach nicht hören.“

 

Bedrückt wandte er seinen Blick ab, während er auf die finale Bestätigung seiner Vermutung wartete. Es war eine ziemlich unangenehme Situation, welche sich für ihn soeben unfassbar in die Länge zog. Am liebsten wäre er sofort gegangen, da er den Tränen nahe war. Aber er konnte die Blauhaarige nicht einfach mit halber Antwort dort stehenlassen. Um seine Gefühle besser zu verbergen, ballte er die Fäuste und biss sich auf die Unterlippe.

 

„Es tut mir leid, dass ich dir nicht schon früher darauf geantwortet habe, aber ich wusste einfach nicht, ob du es wirklich ernstmeinst. Du hattest mich früher immer veralbert, sodass ich gar nicht ernsthaft darüber nachgedacht hatte und es für einen schlechten Scherz hielt“, machte das Mädchen eine kurze Pause, „Außerdem war ich ziemlich sauer auf dich und wollte überhaupt nicht mehr mit dir kommunizieren.“

 

Geduldig hörte er sich an was sie ihm zu sagen hatte. Sein Blick war noch immer abgewendet. Er hasste sich für sein früheres Ich und konnte Rin einfach nicht in die Augen sehen. Zwar hatte er sich der Sache schon gestellt und bei ihr entschuldigt, jedoch war es deswegen nicht aus der Welt.

 

„Ich war damals wirklich ein riesiger Idiot, deswegen verstehe ich dich voll und ganz. Es tut mir immer noch total leid, aber ich weiß auch nicht wie ich es wiedergutmachen soll“, biss er sich erneut auf die Unterlippe. „Ehrlichgesagt habe ich in letzter Zeit genauer darüber nachgedacht und beschlossen, dass es Schwachsinn ist ewig sauer zu sein“, erklärte die Blauhaarige, „Du bereust es und du hast dich entschuldigt. Außerdem will ich nicht in der Vergangenheit leben, sondern im Hier und Jetzt. Und abgesehen davon hast du es ja scheinbar nie wirklich böse gemeint, sondern warst einfach nur ein ziemlich unbeholfener Trottel.“

 

Trotz der angespannten Stimmung huschte der Oberschülerin ein kurzes Lächeln über die Lippen. Rückblickend war es doch irgendwie ganz niedlich. Obwohl es dennoch nicht hätte sein müssen.

 

„Nun ja… Um dieses unangenehme Gespräch endlich zu beenden, möchte ich dir nun eine Antwort geben“, setzte das Mädchen wieder an, „Es wird nicht das sein was du erwartest, aber es ist ein Anfang.“ „Wie meinst du das?“, hob Akira verwirrt, aber hoffnungsvoll seinen Blick. Kurz holte sie wieder Luft, ehe sie sich erklärte: „Ehrlichgesagt habe ich noch immer keine klare Antwort parat. Ich habe wirklich intensiv darüber nachgedacht, aber ich weiß es einfach nicht.“ „Hä?“, wusste der Oberschüler nichts mit dieser Aussage anzufangen.

 

Ihre Antwort war keine Antwort? Also hing er noch immer in der Luft? Wozu führten die beiden dieses Gespräch, wenn es doch nur in eine Sackgasse führt? Allerdings bestand so wenigstens noch Hoffnung für den jungen Mann. Eigentlich hatte er mit einer klaren Absage gerechnet.

 

„Der Grund dafür ist einfach nur, weil ich dich eigentlich gar nicht kenne“, versuchte sie ihre Gedanken zu teilen, „Der Unterschied zwischen früher und jetzt ist so enorm, dass ich nicht weiß was ich von dir halten soll. Aber das würde ich gerne ändern.“ „Das heißt, dass du erstmal mit mir befreundet sein willst?“, hörte man die Enttäuschung in seiner Stimme. „Nein“, schüttelte Rin den Kopf, „Wie wäre es mit einer Beziehung auf Probe?“

 

 

 

 

 


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