Velvet Room
Eine mir bekannte sanfte Arie erreichte wiedermal meine Ohren und der angenehm reine Duft nach frischem Regen ließ mich meine Augen öffnen. Nur um im selben Moment festzustellen, dass ich mich schon wieder in dieser Folterkammer befand.
„Wieso?“, stammelte ich sichtlich genervt, „Ich dachte der Spuk ist vorbei?“
Fast schon panisch sprang ich währenddessen im knöcheltiefen Wasser von einem Bein zum anderen, bis mir die Idee kam auf einen der kleinen Felsen zu klettern, welche an die unförmige Höhlenwand anschlossen.
„Hör gefälligst auf herum zu jammern und sei lieber dankbar für die Hilfe des Meisters“, bäumte sich JayJay vor mir auf.
Dieses Mal hatte sie wieder eine kurze schwarze Hose statt dem Rock an und ihre langen platinblonden Haare waren zu einem normalen Pferdeschwanz gebunden.
„Dann hört gefälligst auf mich immer wieder herzuholen!“, gab ich ihr direkt Gegenworte, „Und überhaupt, was sollen diese Persönlichkeitsstörungen?!“ „Welche Persönlichkeitsstörungen? Hast du ne Macke?“, verzog das Mädchen irritiert das Gesicht.
Da sich die Blonde dessen nicht bewusst zu sein schien, wusste ich nicht recht, wie ich ihr erklären sollte, dass sie sich jedes Mal anders benahm. Entweder war sie ruhig und freundlich oder so wie jetzt. Laut und tendenziell eher unfreundlich. Es war wirklich so, als hätte sie zwei unterschiedliche Persönlichkeiten über die sie sich nicht im Klaren war. Wie ich jedoch feststellte, konnte man am Aussehen ziemlich leicht ausmachen, welche der beiden soeben das Machtwort ergriff. Die Ruhige und Freundliche war mädchenhafter angezogen, während die Aufbrausende mit den Hosen und dem einfachen Pferdeschwanz eher burschikoser wirkte. Aber auch die Gestiken verrieten es ziemlich schnell, da sie unterschiedlich wie Tag und Nacht waren.
„Willkommen in meinem Velvet Room“, ergriff nun Igor endlich das Wort. Seine nervige Assistentin ignorierend versuchte ich erneut herauszufinden, was mich wieder herführte: „Warum hast du mich schon wieder hergebracht?“ „Wie mir scheint hast du viel Neues herausgefunden. Aber ob es dafür ausreicht, sie zu retten?“, grinste die Langnase mich an, als hätte ich zuvor nichts gefragt, „Die Zeit wird langsam eng. Ihr Schicksal scheint besiegelt zu sein.“
Angestrengt spannte ich mein Gesicht an und versuchte den wirren Worten des alten Knackers zu folgen. Was zum Teufel redete er da? Etwa von Ami? Wollte er mir vermitteln, dass sie sterben würde?
„Drück dich mal aus. Willst du mir sagen, dass Ami bereits verloren ist?“, kam es nicht gerade freundlich aus mir heraus. Das fand wohl auch JayJay, welche mich direkt zurechtwies: „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du den Meister nicht so respektlos behandeln sollst?!“ „Nerv mich nicht“, knurrte ich sie an.
Amüsiert kicherte Igor: „Eins solltest du wissen, mein werter Gast:
Wenn der Bulle bald erscheint,
das Opfer nicht ist vereint,
der Bock des Schlachtfeldes abdankt,
der Weg deines Schicksals wankt.“
Mit geöffnetem Mund und verengten Augen starrte ich den alten Mann äußerst verwirrt an. Es war nicht zu übersehen, dass ich seine ach so poetischen Worte absolut nicht verstand.
„Was? Red‘ so, dass man dich versteht“, meckerte ich ihn an. Doch mein Gegenüber schien sich zu amüsieren: „Du wirst es schon noch verstehen, mein Kind. Aber nun ist es Zeit zu gehen.“
Hatte er mich grade Kind genannt? Entsetzt darüber wollte ich ihn anschnauzen, jedoch kamen keine hörbaren Worte aus meinem Mund und der Raum entfernte sich in Windeseile, ehe es stockdunkel wurde.
Samstag, 18. April 2015
Eine ganze Weile schon klingelte Rins Wecker lautstark vor sich hin, doch aufwecken konnte er sie nicht. Nur Skye, welcher ebenso schwer wachzubekommen war, wurde kurz darauf auf das Geräusch aufmerksam und murrte leise in unverständlichen Buchstaben herum. Allerdings schaltete das den nervigen Ton auch nicht aus, weswegen er sich aufsetze und erstmal nach dem Ursprung dessen suchte. Schnell machte er das Handy der Blauhaarigen ausfindig, welches auf ihrem Nachttisch durch das starke Vibrieren herumrutschte und dabei eine laute Melodie von sich gab. Da der Jüngere nicht aufstehen wollte, krabbelte er einfach zur Hälfte über die Oberschülerin und streckte angestrengt seinen Arm nach dem Telefon aus. Gerade als er es endlich erreichte, verlor er jedoch das Gleichgewicht und fiel unsanft auf das Mädchen, welches er damit schlagartig weckte. Während sie zu sich kam, schaffte er es endlich das Weckgeräusch abzustellen. Da Skye noch total müde und durch die Aktion geradeeben völlig erschöpft war, senkte er seinen Kopf wieder und blieb ausgestreckt wie tot über Rin liegen. Diese hingegen rappelte sich langsam auf und versuchte zu realisieren, was hier eigentlich los war.
Den Kopf reibend blinzelte sie verschlafen in den Raum, als sie bemerkte, dass der kleine Mann quer über ihrem Schoß lag und weiterzuschlafen schien. Allerdings wunderte sie sich deshalb schon gar nicht mehr, denn der Kleine war schwieriger aus dem Bett zu bekommen als sie selbst. Und das sollte wirklich etwas heißen.
„Der Bulle erscheint bald und der Bock bedankt sich beim Schlachtfeld?“, brummte der Kopf der Schülerin, „Und irgendwas mit einem Opfer und meinem Schicksal?“ Der Schwarz-blauhaarige hörte diese Worte natürlich und knurrte müde vor sich hin: „Was redest du da für einen Müll?“ „Ich hatte einen merkwürdigen Traum, in dem mir jemand sowas ähnliches gesagt hat. Das muss irgendwas mit Ami zu tun haben. Ich glaube es bleibt nicht mehr viel Zeit sie zu retten, aber genaueres verstehe ich nicht“, versuchte sie sich zu erklären. „Hattest du etwa eine Traumvision?“, wurde er nun so langsam neugierig. Sie schüttelte allerdings den Kopf: „Nein, manchmal lande ich im Traum an einem anderen Ort. Ich bin nicht mal sicher, ob er wirklich existiert. Aber das was dort passiert, ist manchmal in irgendeiner Weise nützlich. Ich verstehe es nur nicht.“ „Ich wills gar nicht wissen“, winkte der Jüngere ab, „Sag mir einfach nur genau was du gehört hast.“ „Wenn ich das noch wüsste“, verschränkte das Mädchen die Arme und blickte grimmig drein, als sie versuchte sich zu erinnern.
Plötzlich holte ein Klopfen an der Tür die Blauhaarige wieder aus ihren Gedanken. Wer das wohl sein könnte? Nachdem sie ihren heimlichen Mitbewohner von sich geschoben hatte und sich erhob um die Tür zu öffnen, nahm dieser seine Vogelform an, um sich somit besser zu verstecken.
Als Rin dann schließlich dem Unbekannten öffnete, fand sie nichts außer einem blauen Briefumschlag mit goldenem Wachssiegel mit eingraviertem „V“ am Boden. Am Ende des Flurs konnte sie jedoch noch jemanden von hinten laufen sehen. Er sah aus wie ein Mittelschüler, könnte aber auch noch Grundschüler sein. Da war sie sich nicht ganz sicher. Allerdings kam der Blauhaarigen das Outfit des Jungen äußerst bekannt vor. Er trug eine blau karierte lange Hose, über welcher ein weißer Gürtel hing. Dazu schwarze Schuhe und einen schwarzen Pullover mit blauen Ärmeln, unter welchem schwarze Hosenträger hervorblitzten. Um den Hals hatte er ein weißes Tuch gebunden und auf dem Kopf trug er eine blaue Mütze. Seine kurzen strubbeligen Haare waren platinblond.
„JayJay?!“, stieß Rin nur verwundert aus, woraufhin sich der Platinblonde umdrehte und grinsend seinen Zeigefinger über seine Lippen legte. Sekunden später war er dann schließlich um die nächste Ecke gebogen und obwohl die Oberschülerin ihm nachrannte, konnte sie ihn nicht mehr ausfindig machen. So langsam verstand sie gar nichts mehr, denn sie war der festen Überzeugung, dass sie einen Jungen gesehen hatte. Allerdings konnte das doch nicht sein. Wechselte JayJay etwa auch ab und an mal das Geschlecht? Genau wie sie selbst?
Unterdessen hatte Skye den Brief aufgehoben und bereits geöffnet. Als das Mädchen endlich wieder im Zimmer war, las der Schwarz-blauhaarige die Zeilen vor:
„Wenn der Bulle bald erscheint,
das Opfer nicht ist vereint,
der Bock des Schlachtfeldes abdankt,
der Weg deines Schicksals wankt.“
Mit geweiteten Augen kam es wie der Blitz aus der Zuhörerin: „Ja! Genau das war es! Das waren die exakten Worte! Ich kapier nur nicht was es bedeutet.“ „Na ja, auf jeden Fall bedankt sich der Bock nicht beim Schlachtfeld, sondern zieht sich davon zurück“, fasste sich der kleine Mann nachdenklich ans Kinn, „Wir müssen rausfinden wer dieser Bulle und der Bock sein sollen. Sollte es wirklich etwas mit deiner Freundin zu tun haben, könnte es äußerst nützlich sein.“ Plötzlich lachte die Oberschülerin lauthals los und bekam sich gar nicht mehr ein: „Der Bock hat keinen Bock?“
Der Jüngere hingegen war mehr als verdutzt und konnte seinen eigenen Sinnen nicht glauben, als er die Ältere so kindisch umhertollen sah. Es dauerte kurz bis er verstand worüber sich die Blauhaarige so sehr amüsierte, denn der Witz war einfach viel zu schlecht. Schnaubend griff er sich an die Stirn und ignorierte sie einfach.
„Ich wünschte, ich könnte auch so unbeschwert sein“, schmiss er sich in die Sitzecke und starrte nachdenklich auf das Schreiben. Rin hingegen winkte positiv gestimmt ab: „Mach dir keine Sorgen. Heute gehen wir wieder rüber. Und dieses Mal schwöre ich, dass wir mit Ami zurückkehren werden. Egal ob wir diese wirren Worte entziffert haben oder nicht.“
Am Abend warteten Kuro, Rin und Skye bereits vor dem alten Schuppen auf dem Sportgelände. Einzig Akira fehlte noch.
„Warum kommt eigentlich immer irgendwer zu spät?“, murrte der Schwarzhaarige herum. „Willst du damit auf irgendetwas anspielen?“, zischte das Mädchen leicht verärgert. Ihr Gesprächspartner ließ sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen: „Und wenn schon.“
Der Jüngste hatte schon die Befürchtung, dass gleich wieder eine Diskussion zwischen den beiden Streithähnen ausbrechen würde. Allerdings bewahrheitete sich diese nicht. Stattdessen brach ein unheimliches Schweigen aus, was vermutlich daran lag, dass sie einfach keine Lust hatten ihre Kraftreserven für Blödsinn aufzubrauchen. Obwohl der Schwarz-blauhaarige wusste, dass die Oberschülerin vermutlich die Letzte war, die logisch dachte, hielt er diesen Grund dennoch am naheliegendsten. Abgesehen davon war die Blauhaarige den ganzen Tag für den Suzuki-Erben auf Achse gewesen, sodass sie sowieso etwas erschöpft war. Nichtsdestotrotz war sich Skye für den Moment gar nicht mehr sicher was ihm lieber war. Die nervigen Streitereien oder das peinliche Schweigen.
Ein paar Mal unterbrach der Schwarzhaarige die Stille mit Niesen. Es schien beinahe so, als hätte er sich eine kleine Erkältung eingefangen. Wahrscheinlich vom Vortag, an welchem er durchnässt in Badehose durch die Gegend gerannt war. Dementsprechend war die Blauhaarige leicht in Sorge, da es in gewisser Weise ja ihre Schuld war. Eigentlich wartete sie noch auf irgendwelche fiesen Worte des jungen Mannes, jedoch blieb er stumm.
Kurz darauf kam der Rotschopf dann endlich und alle atmeten leise auf: „Entschuldigt die Verspätung. Ich musste Überstunden schieben.“
Da es um seinen Job ging, konnte ihm keiner böse sein und die Warteten winkten nur ab. Der Schwarzhaarige wunderte sich allerdings über den großen Rucksack seines Kumpels: „Was schleppst du denn da mit dir rum?“ „Ihr werdet Augen machen“, grinste Akira voller Vorfreude, als er den Rucksack abnahm und öffnete.
Zu sehen bekamen seine Kameraden eine Tasche, welche randvoll mit verschiedenen Monster Energydrinks gefüllt war.
„Oh wow“, staunte das Mädchen nicht schlecht, „Das ist gar keine dumme Idee. Immerhin haben diese Dinger heilende Wirkungen im Dungeon.“ Kuro hingegen sah darin eher ein Problem: „Das ist ja schön und gut, aber wer sagt, dass die Energydrinks von dieser Seite die gleiche Wirkung haben wie die Getränke von der anderen Seite. Abgesehen davon ist das Gepäck beim Kampf doch eher im Weg.“ „Unrecht hat er nicht“, nickte der Jüngste zustimmend.
Trotz allem ließen sich die anderen beiden von dem negativen Gerede nicht beirren und plädierten dennoch darauf den Proviant mitzunehmen.
Als die Kleingruppe soeben aufbrechen wollte, wurde sie vom Schwarz-blauhaarigen aufgehalten: „Moment noch. Jetzt, da wir alle komplett sind, würde ich gerne noch eine Kleinigkeit besprechen.“
Aus seiner Jackentasche zücke er den blauen Brief, welchen er seit dem Morgen zu entschlüsseln versuchte. Kurz erklärte er den Unwissenden wie es dazu kam und hoffte endlich auf eine Lösung der wirren Worte.
„Wir müssen das Ganze Stück für Stück analysieren und nicht als Gesamtpaket sehen, denke ich“, überlegte der Schwarzhaarige. Auch der rothaarige Mützenträger half angestrengt mit: „Na dann widmen wir uns mal dem ersten Teil.“ „Das wäre: Wenn der Bulle bald erscheint“, las der Kleinste erneut vor. „Okay, das heißt doch eigentlich so viel wie, dass in Zukunft etwas in Erscheinung tritt. Aber ob das wirklich ein Bulle ist? In wie weit sollte uns ein Bulle helfen Shiori-chan zu retten?“, gab Akira seine Meinung kund. Sein Kumpel baute darauf auf: „Vielleicht ist das ja weniger materiell gemeint. Eventuell eine Redensart oder etwas anderes was mit einem Bullen zu tun hat. Nur was?“
Ratlos schwieg die Gruppe eine kurze Zeit, ehe sie beschlossen den nächsten Abschnitt unter die Lupe zu nehmen.
Wieder las der Jüngste: „Das Opfer nicht ist vereint.“ „Mit dem Opfer ist definitiv Ami gemeint“, gab nun auch Rin selbstbewusst ihren Senf dazu. „Ach was“, sah der Suzuki-Erbe die Oberschülerin unbeeindruckt an, „Da wären wir jetzt nicht drauf gekommen du Blitzmerker.“ „Die Frage ist eher wie genau es gemeint ist, dass sie nicht vereint ist“, überlegte der Rothaarige. „Entweder es bezieht sich darauf, dass sie mit uns nicht vereint ist, oder der Geist mit ihrem Körper. Aber prinzipiell kommt es eigentlich aufs selbe bei raus. Oder was meint ihr?“, legte Skye den Kopf schief.
Dieses Mal waren sich alle einig, dass damit sicherlich so etwas gemeint sein musste, weswegen die nächste Zeile dran war: „Der Bock des Schlachtfeldes abdankt.“ „Der hat’s in sich“, schnaubte Kuro. Sein Kumpel hingegen schien weitaus verwirrter: „Ein Bock, der sich beim Schlachtfeld bedankt?“ „Oh man. Du kannst Rin wirklich die Hand geben“, griff sich der Schwarz-blauhaarige an die Stirn, „Das bedeutet, dass der Bock das Schlachtfeld verlässt. Die Frage ist nur, wer oder was ist dieser Bock und was ist mit dem Schlachtfeld gemeint?“ „Ich finde es trotzdem nicht abwegig, dass es etwas mit Dankbarkeit zu tun hat“, blähte das Mädchen die Wangen auf. „Sind wir hier von Idioten umgeben?“, rollte der Schwarzhaarige mit den Augen, „Das hat nichts mit Dankbarkeit zu tun. Das ist ein altes Wort, welches genutzt wurde, wenn zum Beispiel ein Soldat dem Dienst abdankt. Das heißt er quittiert. Er geht. Er kündigt. Oder wenn ein König dem Thron abdankt, dann verzichtet er auf diesen. Egal wie du es drehst und wendest. Es geht darum, dass besagter Bock geht oder verschwindet.“ „Ist ja gut, du Besserwisser“, war die Oberschülerin sichtlich genervt, „Dann erklär uns mal was der Satz bedeutet.“ „Das sind irgendwelche Synonyme oder Metaphern, dessen Bedeutung wir herausfinden müssen“, starrte der Älteste den Brief an, als würde in den Wörtern die Antwort stehen.
Während er zusammen mit dem Jüngsten der Gruppe den Teilsatz versuchte zu erörtern, hatten die beiden übrigen Oberschüler bereits aufgegeben und standen gelangweilt umher.
„Mit dem Schlachtfeld könnte doch der Dungeon gemeint sein, oder?“, überlegte Skye angestrengt. Sein Gegenüber konnte auf diese Idee aufbauen: „Könnte der Bock dann vielleicht dieses blitzespeiende Widder-Ungetüm gewesen sein? Das ist doch ein Bock.“ „Dann ist der Bulle vielleicht unser Endgegner!“, lies der Ideenfluss der beiden nicht nach. „Gut möglich“, nickte Kuro. „Aber der letzte Teil des Gedichtes ist widersprüchlich“, stellte der Portalwächter fest, „Der Weg deines Schicksals wankt.“ Kurz musste der Ältere überlegen: „Grob übersetzt ist der Teil negativ zu sehen, nehme ich an. Was so viel heißt wie: Wenn vorheriges eintrifft, passiert was Schlimmes. Wenn der Schicksalsweg wankt, bedeutet das vielleicht den Tod?“ „Ich sterbe?“, platze die Blauhaarige plötzlich wieder in die Gedankenwelt der beiden hinein. „Nein, sei still“, hielt der Schwarzhaarige ihr ignorant seine Hand vor den Mund, während er nochmal den gesamten Satz durchlas, „Irgendwo haben wir einen Denkfehler drin, Skye.“ „Ja. Aber wo. Bisher klingt es so, als würde man uns davon abraten weiterzugehen, weil Rin sonst im finalen Kampf das zeitliche segnet. Es ist von den Bedingungen alles eingetroffen. Der Bock wurde von uns erledigt und hat das Schlachtfeld verlassen. Amika ist in vielerlei Hinsicht nicht vereint und wenn wir Pech haben erscheint dann im letzten Gefecht der Bulle, womit Rins Schicksal besiegelt ist“, erläuterte der Jüngste nochmal alles. „Also gehen wir nicht weiter?“, versuchte der Rothaarige die Kernaussage zu verstehen.
Mit einem Nicken der beiden Kerle gaben sie ihm zu verstehen, dass dies ihre finale Interpretation der wirren Worte war.
Rin hingegen schien da anderer Meinung: „Das ist doch absoluter Käse! Da steht nirgends, dass ich sterbe. Nur irgendwas von einem wackelnden Schicksal. Wir gehen jetzt diesen Bullen bei den Hörnern packen und holen Ami zurück! Abmarsch!“
Im Befehlston marschierte sie voran in den Schuppen. Doch keiner der anderen folgte ihr. Stattdessen versuchten sie das Mädchen umzustimmen. Immerhin wollte keiner einen Kameraden in den Tod reißen.
„Nein, wir gehen nicht“, zog Kuro die Blauhaarige wieder aus dem wackeligen Holzbau und entriss ihr den Portalschlüssel.
Die übrigen beiden sahen zur Seite und ignorierten ihr Gestammel. Sie wussten nicht was sie hätten sagen sollen, denn ihre Kameradin in den Tod rennen zu lassen wäre unverantwortlich. Andererseits ließen sie somit auch Amika im Stich. Jedoch konnten sie sich nicht sicher sein, dass sich die Brünette wirklich am Ende des Dungeons befand und eigentlich auf Rettung wartete. Allerdings war genauso unsicher, ob Rin tatsächlich ihr Ende bevorstand. Oder ob sie sich selbst damit ebenfalls umbringen würden oder nicht. Diese Welt hinter dem Portal war gefährlich. Das war das Einzige in dem sie sich sicher sein konnten. Sie zu meiden war eindeutig das Richtige.
„Gib mir den Schlüssel wieder!“, rangelte sie fuchsteufelswild mit Kuro, „Ihr seid solche Memmen. Nur weil ihr ein paar komische Worte lest zieht ihr alle den Schwanz ein?!“
Darauf bekam sie keine Antwort. Eher trübten sich die Gesichter der Drei immer mehr. Sie wussten, dass sie Feiglinge waren. Doch den Tod, das endgültige Ende, als Gegner zu haben, war eindeutig zu riskant.
Hoch hinauf hielt der Schwarzhaarige den goldenen Schlüssel, sodass die Schülerin nicht herankam. Er war sowieso schon einen Kopf größer und somit nochmal schwerer zu erreichen.
„Jetzt gibt ihn schon her!“, begann die Blauhaarige wütend mit der Unterseite ihrer Fäuste auf seine Brust einzuhämmern.
Sie war ein Sturkopf. Das war ihr bewusst. Manchmal war sie auch ein Feigling, aber noch nie hat sie ihre wenigen Freunde zurückgelassen. Und egal wie es für sie am Ende ausgehen würde, sie würde alles daran setzen Amika zu retten.
„Gib es doch endlich auf! Wenn du da rübergehst findest du nur deinen Untergang!“, versuchte der Suzuki-Erbe sie zur Vernunft zu bringen. „Er hat recht. Wir werden alle sterben, wenn wir uns nochmal in die Höhle des Löwen begeben“, versuchte Akira seinen Kumpel zu unterstützen. Zornig knurrte sie: „Macht doch was ihr wollt! Ich brauche keine Hilfe von solchen Feiglingen! Wenn ihr Angst habt, dann bleibt von mir aus hier, aber versucht nicht mich aufzuhalten!“
Da durch ihr Gestammel und Geschrei und auch ihre Schläge der junge Mann nicht einknickte, versuchte sie anderweitig an den Schlüssel zu gelangen, welcher noch immer hoch in die Höhe gehalten wurde.
Zum Erstaunen aller ging Rin einige Schritte zurück, ehe sie plötzlich lossprintete, vor dem Schwarzhaarigen absprang und sich wie ein Affe von vorne an seinen Oberkörper hängte. Völlig perplex von ihren plötzlichen Bewegungen konnte Kuro nicht mehr ausweichen und hatte nun eine tollwütige Oberschülerin vor der Brust hängen, welche unaufhörlich zum Schüssel nach oben starrte. Doch dabei blieb es nicht, denn sie zog wie wild an seinem Arm, hängte sich beinahe mit vollem Körpergewicht daran und schaffte es ihn langsam herunterzuziehen, um ihm ihren geliebten Schlüssel wieder abzuknöpfen.
Kaum hatte sie ihn in Händen, löste sie ihre Umklammerung und setzte ihre Füße wieder auf den Boden auf. Immer wieder redeten die Jungs auf das mit Adrenalin vollgepumpte Mädchen ein und versuchten sie davon abzubringen, aber die erwünschte Wirkung wandte sich ins Gegenteil und die Blauhaarige schien immer penetranter zu werden.
Da sie endlich wieder den Portalschlüssel in den Händen hielt, musste sie sich beeilen und schnell zum Schuppen, um das Portal zu öffnen. Mittlerweile war ihr klar, dass sie auf sich alleine gestellt war. Auf diese Memmen von Kerlen konnte sie verzichten.
Kaum hatte sie einen Fuß vor den anderen gesetzt, um los zu sprinten, wurde ihr Fußknöchel von etwas festgehalten und sie fiel unsanft zu Boden. Kein geringerer als der Suzuki-Erbe war es, der eine Wurzel um ihren Fuß geschlungen hatte.
„Kuro! Du Arsch!“, wütete das Mädchen noch immer, „Mach mich wieder los!“
Mittlerweile hatte sie bereits Tränen vor Wut in den Augen. Statt Gegenworten, bekam sie dieses Mal allerdings Taten zu spüren. Es war Skye, welcher sie mit einem geschickten Kniff im Genick k.o. setzte und ihr direkt darauf ihren Schlüssel entriss.
„Kuro, nimm sie mit“, kam es ernst und auch ein wenig kalt aus dem Jüngsten. „Ist das nicht etwas brutal?“, schien dem Mützenträger diese Methode so gar nicht zu gefallen.
Mit einer kurzen Handbewegung lies der Schwarzhaarige die Wurzel wieder verschwinden und hob die Bewusstlose vorsichtig an. In seinen Armen trug er das Mädchen daraufhin bin zum Schultor, an welchem bereits eine Limousine auf ihn wartete.
„Hey…“, stammelte Akira, „Also… Pass auf sie auf, okay?“ „Umsonst mache ich das hier immerhin nicht“, versuchte er seinen Kumpel zu beruhigen.
Akira schien aufgebrachter zu sein, als der Schwarzhaarige dachte.
„Mach dir keine Sorgen“, huschte Skye ein kurzes Lächeln über die Lippen. „Pass einfach auf, dass er sie nicht schikaniert. Aikawa-chan ist schon genug gequält“, schaute der Rotschopf verlegen in eine andere Richtung. „Was denkst du manchmal von mir?“, spielte Kuro den Beleidigten.
Schließlich stieg er zusammen mit der Bewusstlosen ein. Auch der Kleinste tat es ihm gleich und gesellte sich ebenfalls auf die Rückbank. Einzig Akira blieb alleine und geknickt zurück. So hatte er sich den Abend nicht vorgestellt. Eigentlich war er der festen Überzeugung sie würden es am heutigen Abend endlich schaffen Rins beste Freundin zu retten. Das blieb wohl nun auf ewig unmöglich.
Heyho,
ja, auch dieses Mal kein Dungeonkapitel. Dabei war es sooo haarscharf xD
Aber ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.